Ist das eigentlich noch Coworking?
Schon länger wollte ich etwas über die Entwicklung von Coworking in Deutschland schreiben. Jetzt habe ich endlich mal Zeit dafür gefunden.
Wenn man in der letzten Zeit etwas über Coworking in der Presse gelesen hat, dann meist über Wework oder andere große Unternehmen die Coworking als Geschäftsmodell entdeckt haben. Ich habe mal den Begriff Coworking in Google eingegeben. Und da kommen als erstes 3 Anzeigen von Office Center. Deren Geschäft war bisher und ist es zum großen Teil noch immer, abgeschlossene Büroräume mit Sekretär/innen oder virtuelle Firmenadressen anzubieten. Sie nutzen Coworking als Buzzword für eine trendige und hippe Arbeitsumgebung*. Ganze Unternehmen, mit 20 und mehr Angestellten, mieten sich komplett in solche „Coworking Spaces“ ein. Sie möchten eine größtmögliche Flexibilität und das Risiko von langfristigen Mietverträgen umgehen. Die Mitarbeiter arbeiten dann in ihren Unternehmen unter sich und haben kein großes Interesse an Austausch mit anderen Mietern.
Oder es gibt Bürogemeinschaften und kleine Firmen, die gerade mal ein paar freie Schreibtische haben. Diese vermieten die Schreibtische und nennen es Coworking Arbeitsplätze. Suchen aber nur Menschen, die im ähnlichen Arbeitsgebiet tätig sind.
Große Unternehmen wollen Bürofläche einsparen und bauen die Einzelbüros zu Großraumbüros um. Den Mitarbeiter/innen wird das dann als neue Arbeitswelt und cooler Coworking Area verkauft.
Das ist ja alles o.k. und alles hat seine Daseinsberechtigung. Nur irgendwie hat das gar nichts zu tun mit dem, wie wir tagtäglich in Darmstadt das Coworking leben. Als ich 2010 mit dem COWO21 startete, kannten zwar viel weniger Leute den Begriff Coworking aber es war recht klar was es ist. Der Begriff ist leider inzwischen total abgenutzt und ich frage mich, wie wir uns von außen davon abgrenzen können, wenn alles Coworking ist. Aber wahrscheinlich hat ein Restaurant das gleiche Problem, das aus frischen regionalen Lebensmitteln hochwertige Speisen serviert, und sich gleichzeitig eine Fast Food-Kette auch Restaurant nennt.
Wenn ein Coworking Space keine flexiblen Tarife (Tagestickets) anbietet und/oder da nur Leute aus dem gleichen Arbeitsumfeld arbeiten, dann ist das vielleicht eine Bürogemeinschaft aber kein Coworking. Für mich ist das Wertvollste und Wichtigste in einem Coworking Space immer noch die Community. Nicht die Designer Schreibtische oder die Wohlfühl-Besprechungsinseln. Coworking ist viel mehr als Schreibtischvermietung. Öfters spreche ich mit Leuten die mir sagen das Coworking ja toll ist, aber sie zu Hause ja einen tollen Schreibtisch haben und sie das nicht benötigen. Im nächsten Satz dann aber fragen, ob es Events im COWO21 gibt, bei denen er/sie die Coworker/innen kennenlernen kann. Oder ob ich nicht jemand kenne der mal seine Website auf Vordermann bringt, jemand der eine bestimmte Programmiersprache kann oder ihm/ihr bei Buchhaltungsfragen helfen kann.
Antwort: Gehe mal raus aus deinem Homeoffice und rein in ein richtiges Coworking Space. Da lernst du genug nette Menschen mit den unterschiedlichsten Kompetenzen kennen.
Frank Rein (Gründer und Betreiber COWO21)